auch in der Bären- und Stofftierklinik ist es wie im wirklichen Leben:
es gibt „Fälle“, da erhalte ich Bilder und denke, uuups, neee, das geht aber garnicht!
wie soll ich DAS nur reparieren?
krieg ich DAS überhaupt hin?
ohje, warum wurde er/sie/es nicht früher zu mir geschickt?
über diese Geschichten, die manchmal dahinter stecken und den großen Herausforderungen an mich möchte ich hier besonders berichten.
Schnuffi
Fast alle Patienten-Anfragen kommen per Mail, so auch die Anfrage für „Schnuffi“:
Liebe Frau Hammer,
ich habe eine besondere Herzensangelegenheit:
Der Stoffhund meines Mannes – ein Geschenk seines mittlerweile verstorbenen Vaters – existiert bedauerlicherweise nur noch in Fetzen. Ich habe Ihnen Bilder unten angefügt – erschrecken Sie nicht, das Stofftier befindet sich wirklich in einem jämmerlichen Zustand. Ich hatte mich damit bereits vor zwei Jahren an eine Puppenklinik gewandt und wurde dort leider übel über den Tisch gezogen – wie Sie sehen, sind es nach wie vor die Einzelteile des Stofftieres ohne eine Spur von Restauration. Sehen Sie vielleicht eine Chance der Komplettrestauration des Hundes? Vielleicht zumindest unter Einbeziehung von Teilen des alten Felles oder der Augen?
Herzlichen Dank bereits im Voraus!
Viele herzliche vorweihnachtliche Grüße aus F
das Bild dazu liess mich doch ziemlich erschrecken:
wie sollte ich diese Reste zusammenfügen zu einem Hund, von dem ich nicht wußte, wie er aussah???
Wir machten einen Termin aus und ein sympathisches junges Paar brachte mir die traurigen Reste in einem edlen Karton.
was war passiert? wie kann ein Stofftier SO aussehen?
Schnuffi war ein Plüschhund und inzwischen 36 Jahre alt.
Er war die einzige Konstante im Leben eines Jungen und später eines jungen Mannes, der 16 mal umziehen musste, weil der Beruf des Vaters das so wollte.
Schnuffi teilte alles mit dem Jungen, er war immer und überall dabei. Auch als der Junge erwachsen wurde und sich verliebte, mit einer Frau zusammen zog, Schnuffi war immer da.
Doch immer öfters gab es Streit, eine Liebe zerbrach. Als sie ging, gab sie dem jungen Mann zum Abschied spöttisch lachend eine Plastiktüte in die Hand.
In der Tüte befanden sich die Reste von Schnuffi. Sie wollte ihm wehtun, also hatte sie komplett zerstört, was er abgöttisch liebte.
Er war eine Woche krank, er weinte, er konnte nicht arbeiten. Die einzige Erinnerung an seinen Vater, der treueste Begleiter in seiner Kindheit war kaputt, in Fetzen…irreparabel.
Das Leben geht weiter, es gab eine neue Liebe. Diese junge Frau wußte, wieviel hier kaputtgegangen war. Schnuffi war nicht nur einfach ein Plüschhund, Schnuffi war mehr für ihren Mann. Sie durchforstete das Netz nach einer Möglichkeit,
und so landeten Sie bei mir…
Ich hatte noch nie einen Hund designt. Bären kann ich, da bin ich Profi. Und es gab kein Bild von Schnuffi, nur eines von hinten. Immerhin hatte ich folgende Informationen:
die ungefähre Größe: 35-40 cm
die Ohren waren „nur“ ausgeschnitten, die Nase gab es noch und die Augen,
der Bauch und der Hals vorne war cremeweiß, der Rest eine Art graubraun.
und vor ca. 36 Jahren mußte es den Ohren nach ein Cocker gewesen sein.
Jedes Jahr im März bin ich auf der Teddybärmesse in Wiesbaden, wenn ich dort den entsprechenden Plüsch nicht finde, dann gibt es ihn nicht.
Ich suchte mehr als 3 Std. alle Stände ab, wollte schon aufgeben, aber dann wurde ich fündig. Baumwollplüsch im Look der 80er und die richtigen Farbtöne…juhuh!
Meine ersten Probe-Näh-Versuche gefielen mir nicht.
Schließlich bat ich meine Freundin und „Lehrmeisterin“ für Schnitt und Design, Eleonore Unkel-Schäufelin um Hilfe. Sie wußte, wie die Proportionen aussehen mußten, erkannte es schon aus den Fetzen und half mir fachkundig beim Erstellen eines Schnittes.
so sieht es aus, wenn bei mir gearbeitet wird:
Nach vielen vielen Stunden war ich doch sehr stolz auf mein Ergebnis:
hier kommt Schnuffi 1.1:
ich habe die „Fetzen“ des alten Hundes auf den neuen Hund „draufappliziert“. Die alten Augen wurden eingezogen und die Originalnase verwendet.
Alles, was nähtechnisch nicht verwendbar war, habe ich in den neuen Hund eingefüllt, damit die Seele von Schnuffi weiterlebt.
Als ich die Bilder vom fertigen neuen Schnuffi versandte, weinte der junge Mann wieder, aber diesmal waren es Freudentränen. Ich habe wohl das Original ziemlich gut getroffen!
Hier bei mir zuhause fiel mir beim Abholtermin ein glücklicher Mann um den Hals und schenkte mir einen Riesen-Blumenstrauss!
es ist abgesprochen, das ich die Geschichte hier erzählen darf, ohne die Namen zu nennen. Aus Rücksicht auf die Privatsphäre habe ich die Gesichter „abgeschnitten“. Die Freude sieht man trotzdem.
Ich kann nicht immer versprechen, dass ich „alles machen kann“. Ich brauchte insgesamt ca. ein halbes Jahr Zeit, die Suche nach dem entsprechenden Plüsch war zeitaufwendig, das Schnittdesign erstellen und dann natürlich alles noch zuschneiden und nähen. Aber das Ergebnis hat sich gelohnt, ich finde, es kann sich sehen lassen.
Ich war sehr stolz und habe mich gefreut, dass es mir gelungen ist, wieder herzustellen, was einmal rachsüchtig und böswillig zerstört wurde.
Ende gut, alles gut :-))
wieder ein Bello, aber diesmal ein Riesenhund!
wieder eine Kindheitserinnerung, wieder ein zerschnittenes Stofftier, vielleicht nicht ganz so schlimm wie bei Schnuffi, aber doch sehr riesig das Tier und riesig die „Risse“ und Verletzungen!
so sah der über 30 Jahre alte Bello bei der Einlieferung aus:
leblos, das Fell am Rücken und am Kopf nur noch zusammengehalten von einzelnen Fäden. Loch an Loch, überall, der Plüsch zerschnitten, zerfallen, die Reste hauchdünn und die Füllung nur noch in Teilen.
Auch hier war mir sofort klar: diesen kaputten Hunde-Rücken konnte man nicht „flicken“, den mußte man komplett ersetzen.
Die Farbe „rotblond“ hatte ich in dieser Riesen-Handtuchgröße nicht in meinem Fundus vorrätig. Es war Sommer, alle Bärenstoff-Versandhäuser hatten Ferien. Auch hier war Geduld angesagt, nicht immer funktioniert alles sofort. Irgendwann waren die Ferien beendet, ich sandte eine Stoffprobe an meine Lieblings-Versand-Firma.
Je 1 Meter ungefähr passenden Plüschs wurden mir geliefert, einer war etwas heller, einer etwas dunkler, einer etwas lockiger, einer etwas dichter, einer im Flor etwas kürzer…die heutigen „Felle“ sehen natürlich immer etwas anders aus, als Plüsche aus den 70er und 80er Jahren. Aber juhu! einer davon passte richtig gut zu Bellos vorhandenem Fell!
Und auch hier gelang es mir, den Riesenhund wieder zum Leben zu erwecken. Auch hier waren es sehr sehr viele Stunden Arbeit und einige Zeit und Geduld, bis alles perfekt passend gelang.
Zur Reparatur kam danach noch eine sanfte Schaumreinigung und eine kräftige Bürstenmassage, damit auch das „alte“ Fell wieder schön anzufassen und zu streicheln war. Besonders die Ohren mit einem ganz feinen langen Flor wurden wieder super fluffig!
Als Bello aus dem künstlichen Koma geholt wurde und nach einigen Tagen mit ganz viel Aufbaunahrung wieder völlig gesund war, erschnüffelte er gleich mal auf unserem Balkon in der Sonne das neue Terrain:
Ich freute mich hinterher über eine sehr liebe und dankbare Mail und auch hier hat eine Frau ihrem Mann ein wunderbares Geburtstagsgeschenk gemacht.
ein sehr alter Affe mit Holzwollefüllung
kurz vor Weihnachten kamen Bilder eines Äffches, das in einem Schrank ein Hochwasser an der Mosel „überlebt“ hat.
Weil das so war, beschloss die Besitzerin, dass es nun auch verdient hatte, restauriert zu werden.
Das Äffchen sah schlimm aus:
ich erhielt „völlige Freiheit“ für die Restauration, es gab auch keinen Zeitdruck.
Ich kaufte diverse Filze, überlegte, wie ich das Gesicht neu machen sollte. Auch der Körper war nur noch „hauchdünn“, der Affe würde aufbrechen, wenn man ihn auf die übliche Weise auseinandernehmen würde.
Hände und Füße waren quasi nicht mehr vorhanden, hier wurden in all den Jahren einige Drübernäh-Versuche mit Plüsch und Stoff gemacht, um ihm zu helfen. Beim auftrennen hier kamen mir zwei Schichten der alten ursprünglichen Pfoten entgegen, es war ein bisschen gruselig, wie bei einer Mumie.
Irgendwann kam mir die Idee:
ich kann doch filzen! eine Probe ergab, dass dies möglich war. nun mußte ich nur noch den „Hautton“ finden. Pech gehabt: in meiner gesamten Stadt gab es diese Farbe nicht!
ein freundlicher Verkäufer auf Ebay hatte schließlich die richtige Farbe.
Und dann filzte ich mit der Nadel, gab dem Äffchen neue Pfoten, neue Füße und ein neues Gesicht:
und bin schon etwas stolz auf mein Ergebnis und die Idee!
Fazit: manchmal muss ich einfach nur etwas Zeit haben und experimentieren dürfen.
Dem Äffchen geht es sehr gut, Weihnachten war es schon wieder zuhause!
ein Hund ohne Namen
kam aus Dresden.
Er war fast ohne Fell, sehr abgemagert und mit offenem Rücken. Die Besitzerin hatte versucht, ihm das Fell wieder zu geben, sie hat sich viel Mühe und Arbeit gemacht, einzelne Fäden eingezogen und verknüpft, war dann aber mit sich und ihrem Ergebnis nicht wirklich zufrieden:
Sie wollte ihn nicht wegwerfen, es gab so viele Erinnerungen. Ich überlegte auch hier, wie und was man tun könnte, um ihn zu retten.
Es gab keine Allergien, kein Kind würde mit ihm spielen, er würde auf einem Sofa sitzen und sollte einfach nur wieder aussehen wie früher.
In intensiver Arbeit trennte ich Faden für Faden vorsichtig aus der hauchdünnen Haut.
Dann bestellte ich Filzwolle in der Farbe des Hundes, er wurde innen mit gereinigter Schafwolle gefüllt, wieder zugenäht und ich konnte ihn „auffilzen“, wie im vorherigen Beispiel auch schon das Äffchen.
Er erhielt natürlich auch wieder Ohren (der Wunsch war hier: sie sollten dunkler sein als das Fell), ein Stummelschwänzchen und eine kleine rote Zunge, halt so wie früher einmal.
Nun, ich denke, die Arbeit hat sich gelohnt, er sieht nun wirklich wieder sehr schön aus, was meinen Sie?
und ein Jahr später:
hier kommt ein fast identischer Hund, er heißt Rosa (weil er vor ganz vielen Jahren mal rosa war!)
auch hier: ein offener Rücken, offener total aufgesprungener Hinterkopf, große Verletzungen fast überall, ganze Teile des Fells fehlen, kaputte Ohren, blinde, stumpfe Augen.
Die Besitzerin wollte ihn nicht wegwerfen, meine Klinik war ihre ganze Hoffnung.
schlimmer gehts kaum noch…
der Wunsch der Besitzerin war, dass Rosa auch wieder rosa Fell haben sollte. Ich bestellte diverse Filzwolle, aber die ersten Versuche sahen einfach nicht gut aus, weil rosa ja inzwischen eine hellbeige Farbe hatte. Also mußte er beige werden! und neue glänzende Augen erhielt er natürlich auch.
Nach der OP sah er richtig niedlich aus:
ein bißche zartrosa noch am Bauch 🙂
so macht mir meine Arbeit Freude!
ein Bärli aus der Schweiz
so kam er an, das arme Kerlchen, blind, fast ohne Fell, in vielen Selbstversuchen immer wieder „zusammengenäht“, dort, wo das Fell weg war.
Zuerst musste ich die vielen Fäden auftrennen, die liebevolle Omas ziemlich fest eingenäht hatten 😉
da sah er mit neuen Augen und einer Füllung schon mal wieder ganz passabel aus. Jetzt fehlte „nur noch“ Fell und eine neue Schnauze…
Bärli ist fertig und richtig goldig ist er geworden!
WuWu
war eigentlich schon tot bei der Einlieferung.
Der Kopf am „seidenen Faden“ und nur noch eine
Hülle, der Hals fehlte, keine Augen mehr, der Körper leblos, nichts, kein Lebenszeichen.
Als ich den Kopf untersuchte, erschrak ich: es sah von innen sogar noch viel schlimmer aus:
was tun? der arme kleine Steiffbär war erst in der Waschmaschine gewaschen worden und danach im Trockner gelandet. Dafür ist ein Bärchen nicht geeignet…
Damit er keine Schmerzen mehr hat, wurde er schnellstens in ein künstliches Koma versetzt.
Stück für Stück baute ich das Köpfchen von innen wieder auf,
unterlegte, klebte, flickte:
solange, bis da wieder „Haut und Volumen“ war.
Jetzt brauchte der Kleine noch einen neuen Hals und ein neues Kopfgelenk:
Neue Augen wurden eingesetzt, später wurde der Körper sowie Arme und Beine neu befüllt, dann der Bär komplett wieder montiert. Um ihn zu beleben, erhielt er eine kräftige Wellness-Bürstenmassage, das regt die Durchblutung an und fördet den Glanz des Pelzes.
Langsam konnte das Bärchen aus dem künstlichen Koma zurückgeholt werden und JA, es lebt, ja, es sieht richtig gut aus!
Wuwu ist einer von den Patienten, die man einfach liebhaben muss, ich würde ihn am liebsten behalten.
Die schlechte Nachricht: ich muss ihn wieder zurückgeben.
Die gute Nachricht: Wuwu ist vollständig wieder gesund und seinen Besitzerin freut sich über Ihr „neues“ geheiltes Bärchen!
Susa und Leo
Susa ist ein(e) Esel(in), Leo ist ein Rhinozeros.
Beide kamen in einem schlimmen Zustand zu mir. Während Leo irgendwie „nur“ schwer verletzt aussah, bestand bei Susa der Körper nur noch aus Fetzen und Innereien:
Einzig das Köpfchen mit den schönen Augen liess erahnen, dass das mal ein ganz goldiges Eselchen war.
Als ich die Reste der Füllung entfernen wollte kamen mir – uups – Nylonstrümpfe !! entgegen…
Es gab keine einzige intakte Naht!
Alles, was den Körper von Susa noch ein bißchen zusammenhielt, war mit farbigem Garn und Überwindlingsstichen grob zusammen genäht.
Also hieß es hier mal wieder vorsichtig auftrennen und immer gleich danach wieder ordentlich zunähen, damit keine Teile verwechselt werden konnten 😉
Als ich mit zusammennähen und auffüllen fertig war, sah man schon, dass es eine kleine niedliche Schönheit werden würde:
Nun fehlte der Eseldame noch das Fell, ich arbeitete hier wieder mit meiner Technik des auffilzens:
die Arbeit hat sich wirklich gelohnt!
Auch Leo wurde erfolgreich restauriert und beide sind inzwischen wieder gut nachhause gekommen.
Ihre Restauration ist eine „Geburtstagsüberraschung“ und ich hoffe doch sehr, dass sich das Geburtstagskind darüber freuen wird!
Robbchen
ist, wie der Name vermuten lässt, eine Robbe, sie ist ca. 40 cm groß und der Liebling eines 26 Jahre alten Mannes. Genauso alt ist Robbchen, aber leider ging es ihr gesundheitlich extrem schlecht, nur noch ganz wenig Fell an einigen Stellen und die Haut platzte bereits überall auf!
Fast leblos lag sie im Paket, als sie bei mir an kam. Große schöne Knopfaugen schauten mir direkt ins Herz und sagten: bitte hilf mir, ich will weiterleben!
Robbe vorher:
Robbchen wurde in ein künstliches Koma versetzt, die alte Füllung entfernt, vorsichtig wurden Nähte die mit „falschen Farben“ geflickt waren, getrennt und neu genäht, dann erhielt sie eine neue weiche Füllung.
Hier wendete ich wieder meine Art der Restauration an, ich filzte die kleine Robbe komplett in passender Farbe neu auf!
und so schaute sie mich an, als ich sie aus dem Koma zurückholte:
ganz weich und wie neu war sie nun wieder.
Der Besitzer war überglücklich, dass sein Lieblingsplüschtier gerettet werden konnte.